Von Freud und Leid einer Katzen-Pflegestelle - Erfahrungsbericht einer Katzengeburt

Es ist Sonntag, der 04. Februar 2018:

Wir haben dramatische Stunden hinter uns. Gestern morgen war ich schon mit Ayla im Notdienst in der Tierarzt-Praxis, denn der ganze Raum, in dem sie die Nacht über war, war mit großen Blutstropfen übersät gewesen. Da im Ultraschall die zwei Herzchen in Aylas Bauch schlagend zu sehen waren, der Muttermund noch geschlossen war und auch nur noch wenig bis gar kein Blut mehr kam, wurde entschieden abzuwarten. Ich hatte dann den Nachmittag mit Ayla im Arm verbracht, bevor ich sie am Abend für einige Zeit alleine ließ. Gegen 22.30 Uhr wollte ich mich schlafen legen und dachte mir, dass könne ich ja genauso gut auch wieder bei der werdenden Mama in unserem Gästezimmer tun. Ayla kuschelte sich sofort wieder in meine Armbeuge und jedesmal, wenn ich aufhörte, sie zu streicheln, setzte sie sich auf und schaute mich entrüstet an. Also wurde weiter gestreichelt. Aber ich merkte bald, dass sie unruhiger wurde und sich ständig hin und her drehte. Und dann sah ich den Grund: Ein kleines Köpfchen schaute ein kleines Stückchen hinten heraus! Ich hatte noch nie eine Geburt miterlebt, aber ich sah doch, dass kein Leben in diesem kleinen Wesen zu sein schien. Es dauerte auch sehr lange, bis Ayla es geschafft hatte, das kleine Kitten herauszupressen. Da ich zwischenzeitlich meinen Mann dazugerufen hatte, war es ihr verständlicherweise zuviel Publikum und sie verschwand irgendwann unter dem Bett. Die Entfernung der Matratze ließ uns dann weiter an den Geschehnissen teilhaben. 

Nachdem sie es doch endlich geschafft hatte, das erste Kitten herauszupressen, leckte sie es ab, aber es bewegte sich nicht. Ich denke, es war bereits vorher tot. Wir hofften nun, dass wenigstens das zweite Kitten leben würde und nach kurzer Zeit krümmte sich Ayla wieder unter ihren Wehen und Kitten Nr. 2 kam, augenscheinlich Hinterteil voraus. Die Geburt des zweiten Kitten ging aber relativ schnell. Ayla entfernte instinktiv die Schleimhaut, die dieses Kitten (im Gegensatz zum ersten) umgab, zerbiss mit lautem Knacken die Nabelschnur und es dauerte dann auch nicht lange, bis ein zartes Fiepen zu hören war. Kitten Nr. 2 lebte! 

Dem Versuch, Mama und Kitten dann auf ihrem Bettchen in den anderen Raum zu befördern, wo weniger Versteckmöglichkeiten sind, widersprach Ayla, indem sie ihr Kitten zwischen die Zähne nahm und es wieder zurück ins Gästezimmer trug! OK, verstanden! 

Nun hatte sie ihr Bettchen im Gästezimmer an der Heizung stehen und nachdem das Kitten bereits vorher an unseren Fingern nuckeln wollte, habe ich es Ayla angelegt und es hat auch hungrig dort weiter genuckelt. Zwar war nicht zu sehen, ob es tatsächlich Milch heraus bekam, aber regelmäßiges Wiegen zeigte eine stetige Gewichtszunahme. Also muss sie Milch bekommen haben.

In den folgenden Tagen fanden wir das Kitten morgens immer wieder außerhalb des Bettchens auf dem Boden liegend vor. Zwar kümmerte Ayla sich um ihr Baby und legte sich auch wärmend zu ihm auf den Boden, aber dennoch war es kein gutes Zeichen, dass sie ihr Kitten immer wieder aus dem Bettchen herausbrachte. Jeden Morgen, wenn ich die Tür zu den Katzen öffnete, hielt ich kurz die Luft an, voller Angst, was mich erwarten würde. Lebte das Kitten noch? Wenn ja, wo würde ich es diesmal finden?

Leider sollte mich mein Gefühl nicht trügen: Als ich am Morgen des 10. Februar die Tür zum Katzenzimmer öffnete, fehlte das sonst erleichternde Fiepen des kleinen neuen Lebewesens. Ich hätte nie gedacht, dass Stille so Angsteinflößend sein kann. Das kleine Kitten lag wieder außerhalb des Bettchens und es war nur noch eine leblose kalte Hülle...

Wir haben dieses Kitten Abby genannt und neben seinem Geschwisterchen Angel in unserem Garten begraben. R.I.P. Ihr kleinen Fellnasen. Ich hoffe, Ihr seid gut auf der anderen Seite der Regenbogenbrücke angekommen und wacht von dort aus über Eure Mama Ayla. Ich bin traurig, dass Euer Lebensweg zuende war, bevor er begonnen hat.

 

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Heike Lange